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Deutsch-Französische Horizonte

Erfahrungen teilen – Chancen eröffnen

Auch mit einem deutsch-französischen Lebenslauf kann es zu einer Herausforderung werden, die Fragen von 16-jährigen Schülerinnen und Schülern im Französischunterricht zu beantworten: Warum sollte ich zum Studieren in ein anderes Land gehen, wenn man doch auch in Deutschland bleiben kann? Wieso weiter Französisch lernen, wenn ich viel lieber außerhalb von Europa arbeiten möchte? Wie kann ich einen Kontakt zu meinem Nachbarland aufbauen, wenn schon das Geld knapp ist, um nach Berlin-Mitte zu fahren? Und ist es für Franzosen nicht furchtbar, in Berlin zu leben, wo sie kein gutes Baguette kaufen können?

Solche und ähnliche Fragen haben im Rahmen des „Horizonte“-Projektes des Vereins der Alumni des Deutsch-französischen Zukunftsdialogs (ADAFA) in den letzten Monaten rund 15 aktive Deutsche und Franzosen mit Berliner Schülerinnern und Schülern diskutiert. Der Auftakt zum Projekt fiel zeitgleich mit dem Start des deutsch-französischen Jahres im September 2012 rund um die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum des Elysée-Vertrages. Mit einem letzten Schulbesuch am 22. Januar 2014 zum 51. Jahrestag des Vertrages wurde das Projekt in Berlin vorerst beendet. Die Bilanz der letzten Monate kann sich sehen lassen: Fast 500 Schülerinnen und Schüler konnten von den Schulbesuchen profitieren. Im Mittelpunkt stand dabei weniger die Vermittlung der französischen Sprache. Vielmehr wollten die deutsch-französischen Alumni die Jugendlichen an Hand der eigenen privaten und beruflichen Erfahrungen für die Möglichkeiten begeistern, die sich durch interkulturellen Austausch im deutsch-französischen Kontext ergeben.

Nach hilfreichen Gesprächen mit Lehrerinnen und Lehrern hatte die „Horizonte“-Projektgruppe sich dazu entschlossen, die Besuche auf 10. Klassen an Gymnasien zu fokussieren und dabei möglichst Jugendliche zu erreichen, die in Berliner Außenbezirken leben und zumeist weniger Möglichkeiten haben, mit dem Nachbarland in Kontakt zu treten. Ausgerüstet mit jeder Menge eigener deutsch-französischer Erfahrungen aus Schule, Studium und Beruf machten sich jeweils zwei Freiwillige auf zu einem meist 90-minütigen Schulbesuch. Während der Schulstunden entstanden Dialoge darüber, welche Erfahrungen die SchülerInnen mit Frankreich und der französischen Sprache haben, wie es ist, als Franzose in Berlin zu leben und zu arbeiten und welche Möglichkeiten und auch Förderungen es gibt, um das Land auch außerhalb des Französischunterrichts kennen zu lernen.

Besonders für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die bislang nicht selbst im Ausland waren und auch in Berlin nur selten die Gelegenheit haben, beispielsweise französische Kulturveranstaltungen zu besuchen, waren die Einblicke in deutsch-französische Lebensläufe willkommen. Nicht nur den Schülerinnen und Schülern, sondern auch den Freiwilligen der ADAFA konnte dieser Austausch ganz abseits des beruflichen und privaten Alltags neue Horizonte eröffnen.

In Köln war das Horizonte-Projekt  im Irmgardis Gymnasium zu Gast, wo die ADAFA-Mitglieder zwei 9. Klassen besucht haben. Einige Schülerinnen und Schüler haben bereits die Möglichkeit gehabt, nach Frankreich oder Belgien zu reisen (vom Rheinland ist es nicht so weit…). Es war trotzdem für viele eine neue Erkenntnis, dass Französisch nicht nur eine „Feriensprache“ ist, sondern auch als „Arbeitssprache“ sehr nützlich sein kann und beispielsweise in Westafrika weiter verbreitet ist als Englisch. Anschließend wurden die lockeren Diskussionen in kleineren Runden fortgeführt und haben hoffentlich dazu beigetragen, ein paar Schüler für einen späteren Aufenthalt (Praktikum, Studium, Urlaub,…) in einem französischsprachigen Land zu motivieren.

Im Raum Paris wurden im Rahmen des Projekts Horizonte ca. 150 Schülerinnen und Schüler des Lycée François Villon in Les Mureaux besucht. Schwerpunkt bei den einstündigen Treffen in den Klassen Terminale, Première und Seconde war auch hier die Diskussion über deutsch-französische Lebenswege und Profile der ADAFA-Mitglieder. Unser Ziel war es, anhand dieser Beispiele Möglichkeiten aufzuzeigen, Deutsch- und Deutschlandkenntnisse in Ausbildung, Studium und Beruf zu integrieren und sich dadurch neue Erfahrungen und Chancen zu eröffnen. Mit unseren Besuchen in den Schulen wollten wir eine Orientierungshilfe zu deutschsprachigen Angeboten im Raum Paris geben und dazu beitragen, eventuelle Hemmschwellen abzubauen und auf den Nachbarn Deutschland jenseits des Sprachunterrichts neugierig zu machen.